
Vergiss alles, was du über Krafttraining zu wissen glaubst.
Pavel Tsatsouline verfolgt einen vollkommen anderen Ansatz – und er funktioniert.
Als ehemaliger Trainer der sowjetischen Militär-Sondereinheit Spetsnaz brachte er Ende der 1990er Jahre das russische Kettlebell Training in den Westen.
Seine Methoden widersprachen allen gängigen Trainingsansätzen.
Vor allem durch seine Arbeit mit DragonDoor und StrongFirst machte er minimalistisches Krafttraining populär.
Damit beeinflusst er Alltagsathleten, Soldaten und Fitnessbegeisterte weltweit.
Kettlebell Big Six basiert auf seinen Prinzipien.
Denn seine Philosophie bietet einen einzigartigen und zeitsparenden Weg zur nachhaltigen Kraftentwicklung.
Ein Weg, der primär für diejenigen interessant ist, die für einen starken und leistungsfähigen Alltag trainieren und dafür nicht stundenlang in traditionellen Fitnessstudios auf freie Geräte warten wollen.
Lies weiter und ich verrate dir die drei wertvollsten Trainingsprinzipien von Pavel Tsatsouline und wie du mit ihnen in kürzester Zeit maximalen Trainingserfolg erzielen wirst.
Inhaltsverzeichnis
Prinzip 1: Stärke als Fertigkeit
Stärke ist für Pavel Tsatsouline eine Fertigkeit, die jeder erlernen kann.
Es geht um Technik und Übung, nicht nur um größere Muskeln oder schwere Gewichte. Und das ist wichtig, weil es dir erlaubt, stärker zu werden, unabhängig von körperlichen Voraussetzungen.
Dieser Ansatz geht über bloßes Gewichtheben hinaus. Stell dir einen Anfänger vor, der täglich zehn Minuten die Kniebeuge mit „leichtem“ Gewicht übt, um die Bewegung zu perfektionieren. Er verbessert dadurch seine neuromuskuläre Koordination, was ihm langfristig mehr bringt als rohe Kraft.
Du kannst Stärke wie ein Handwerk erlernen.
Und das macht sie zugänglich und nachhaltig, unabhängig davon, wann du ins Training einsteigst.
Stärke ist also das Ergebnis fokussierter Übung.
Besonders ältere Athleten profitieren, da sie Fortschritte machen, ohne sich zu überlasten. Und das bei überschaubarer Trainingszeit.
So wird Stärke zu einem Prozess, den jeder meistern kann.
Merke dir: Übung schlägt Talent, wenn es um Stärke geht.
Prinzip 2: Grease the Groove (GTG) Methode
Kraft steigt durch Frequenz, nicht durch Muskelversagen.
„Greasing the Groove“ – Regelmäßiges Training ohne Muskelversagen. Es ist die beste Methode, mit der du langfristig stärker wirst, ohne dich zu überfordern.
Dieser Ansatz geht über einmalige, harte Workouts hinaus. Wenn du maximal zehn Klimmzüge ausführen kannst, dann übe stattdessen 5 × 5 Wiederholungen (50 Prozent von deinem Maximum) mit ausreichend Pause dazwischen. Diese Methode basiert auf dem ersten Prinzip und stärkt die Nervenbahnen, sodass die Muskulatur effizienter arbeitet.
Daraus folgt, dass Kraft und Ausdauer durch regelmäßige, „leichte“ Wiederholung wachsen (was vor allen in der Trainingsplanung seiner neueren Bücher und Seminare ab 2018 mit dem Fokus auf Strenght Aerobic deutlich wird).
Achtung: Weil das Wort „leicht“ jetzt schon zweimal gefallen ist. Du kannst leichte Wiederholungen auch mit schweren Gewichten ausführen, genauso wie mit leichten Gewichten. Die leichten Gewichte kannst du wiederum schwerer machen. Vor allem, mit den von Pavel empfohlen High Tension Techniken, mit denen du einen Muskel anspannst und die Spannung dieses Muskels auf die benachbarten Muskeln übergreifen. Das funktioniert genauso gut beim Training nur mit dem eigenen Körpergewicht.
Das macht GTG besonders alltagstauglich.
Pavel Tsatsouline setzt mit Grease the Groove auf Frequenz statt Intensität.
Es gibt dir die Möglichkeit, Übungen in Arbeitspausen einzubauen. So wird Kraftaufbau flexibel und erreichbar.
Merke dir: Regelmäßigkeit schlägt Intensität, wenn es um langfristigen Fortschritt geht.
Prinzip 3: Minimalismus im Training
Komplexe Pläne sind überflüssig, wenn du die Basics beherrschst.
Pavel Tsatsouline sagt, dass du dich auf Grundbewegungen im Krafttraining konzentrieren solltest. Dadurch sparst du Zeit und es garantiert beeindruckende Ergebnisse.
Dieses Prinzip geht über komplizierte Trainingspläne (mit über 20 Übungen) hinaus. Du erzielst bessere Ergebnisse, wenn du dreimal wöchentlich nur Military Press, Kniebeugen und Kreuzheben trainierst.
Dieses Prinzip setzt auf Verbundübungen, die mehrere Muskeln gleichzeitig ansprechen. Daraus folgt, dass du mit weniger Aufwand mehr erreichst. Statt zahlreicher Isolationsübungen, die nur einzelne Muskeln trainieren, setzt du auf Integrationstraining und trainierst die überwiegende Zeit den gesamten Körper.
Pavel Tsatsouline setzt damit auf Qualität statt Quantität.
Selbst fortgeschrittene Athleten nutzen diesen Ansatz, um Übertraining zu vermeiden. So bleibt Kraftaufbau einfach und zeitsparend.
Merke dir: Die Basics sind der wahre Weg zur Kraft.
Tradition vs. Tsatsouline: Die Prinzipien im Fokus
Pavel Tsatsoulines Trainingsprinzipien schwimmen gegen den Mainstream.
Während viele klassische Methoden auf hohe Intensität und Muskelversagen setzen, geht Pavel einen anderen Weg. In traditionellen Fitnessstudios werden mehrstündige Workouts empfohlen, mit unzähligen Übungen bis zum Muskelversagen, um Muskelwachstum zu fördern.
Pavel hingegen priorisiert regelmäßiges, kurzes Training ohne Muskelversagen, wenige Grundübungen und Bewegungsqualität immer vor der Bewegungsquantität.
Dieser Unterschied macht sein System zugänglicher und weniger belastend, besonders für Alltagsathleten, die ihren einseitigen Alltag ausgleichen wollen oder Menschen, die nur wenig Zeit für ihr körperliches Training aufbringen können, aber nicht auf Fortschritte verzichten möchten.
Die drei Prinzipien greifen perfekt ineinander:
- Stärke als Fertigkeit legt den Grundstein, indem es Technik und Übung betont.
- Grease the Groove baut darauf auf, mit regelmäßigen, leichteren Übungseinheiten.
- Minimalismus rundet es ab, indem es den Fokus auf wenige, effektive Verbundübungen lenkt.
Zusammen bilden sie ein System, das die Effizienz maximiert. Das macht Tsatsoulines Ansatz einzigartig und nachhaltig.
Pavel Tsatsouline Trainingspläne (basierend auf seinen Büchern)
Hier sind ein paar praxisnahe und für den Alltag umsetzbare Trainingspläne von Pavel Tsatsouline, mit klaren Beispielen für Anfänger oder Fortgeschrittene.
1. Enter the Kettlebell! (2006)
In diesem Buch findest du das „Program Minimum“ mit dem Kettlebell Turkish Get Up und Kettlebell Swing (perfekt für Kettlebell Anfänger). Hier geht es jedoch um die „Rite of Passage“ mit Clean & Press im Leiter-Trainingsformat und ergänzenden Swings & Snatches.
Übungen:
- Kettlebell Clean & Press: 3 Leitern à 1, 2, 3 Wiederholungen pro Seite
- Kettlebell Swing oder Snatch: 50–100 Wiederholungen (Sätze à 5–20)
Frequenz: 3 Tage pro Woche (Montag, Mittwoch, Freitag)
Intensität: 16 kg Startgewicht; Ziel: 24 kg für 5 Leitern.
Ausführung:
- Montag: Clean and Press – 3 Leitern – schwerer Tag (1, 2, 3 pro Seite), Swings als Finisher
- Mittwoch: Clean and Press – 3 Leitern – leichter Tag (1), Snatches als Finisher
- Freitag: Clean and Press – 3 Leitern – mittlerer Tag (1, 2), Swings als Finisher
- Montag (Woche 2 – 4 Leitern à 3 Sprossen. Ab 5 Leitern steigen die Sprossen).
Ziel: 5 Leitern (mit 5 Sprossen – 1, 2, 3, 4, 5) mit 24 kg.
2. Power to the People! (2000)
Dieses Buch propagiert zwei Übungen – Kreuzheben und Bent Press – mit hoher Frequenz und niedrigem Volumen, um Kraft zu maximieren.
Durch die Bent Press richtet es sich eher an Fortgeschrittene.
Übungen:
- Kreuzheben: 2 Sätze à 5 Wiederholungen
- Bent Press: 2 Sätze à 5 Wiederholungen pro Seite
Frequenz: 5 Tage pro Woche (Montag–Freitag)
Intensität: 70–80 % des 1RM (z. B. Kreuzheben 95 kg bei 120 kg Maximum, Bent Press 32 kg bei 40 kg Maximum)
Steigerung: Wöchentlich um 2,5 kg steigern beim Kreuzheben und Pausenzeiten verkürzen zwischen den Bent Press Sätzen (nach 4 Wochen auf 36kg steigern und ggf. Wiederholungen auf 3 oder 4 reduzieren).
Ausführung:
- Montag: Kreuzheben 2×5 @ 95 kg, Bent Press 2×5 @ 32 kg pro Seite
- Dienstag: Kreuzheben 2×5 @ 95 kg, Bent Press 2×5 @ 32 kg pro Seite
- Mittwoch: leichter Tag mit 50 % vom Gewicht
- Donnerstag: Kreuzheben 2×5 @ 95 kg, Bent Press 2×5 @ 32 kg pro Seite
- Freitag: Kreuzheben 2×5 @ 95 kg, Bent Press 2×5 @ 32 kg pro Seite
- Samstag/Sonntag: Pause
Ziel: Kraftsteigerung ohne Muskelmasse (z.B. Kreuzheben auf 130 kg und Bent Press auf 44 kg).
Hinweis: Bei der Ausführung sind nur die Arbeitssätze aufgelistet. Du kannst vorher Aufwärmsätze ausführen, um dich ans Arbeitsgewicht heranzutasten und um deinen Körper auf die Belastung vorzubereiten.
3. The Naked Warrior (2003)
In The Naked Warrior geht es um mehrfaches Training über den Tag verteilt, mit dem Fokus auf zwei Übungen und dem eigenen Körpergewicht. Hier kommt Greasing the Groove zur vollen Geltung.
Übungen:
- Einarmige Liegestütze: 5–10 Sätze à 3 Wiederholungen pro Seite
- Pistols: 5–10 Sätze à 3 Wiederholungen pro Bein
Frequenz: Täglich, verteilt über 5–10 Mini-Sessions
Intensität: Beginne mit machbaren Wiederholungen (max. 50 Prozent der Wiederholungen deiner Maximalwiederholungen, mit 75–80 Prozent Intensität), steigere mit der Zeit auf 5-10 pro Satz.
Ausführung:
- 8:00 Uhr: 3 Liegestütze pro Seite, 3 Pistols pro Bein
- Alle 1–2 Stunden: Wiederhole, bis 5–10 Sätze erreicht sind
Ziel: Steigere GTG-Frequenz (10 Sätze über den Tag verteilt statt 5) und versuche das finale Ziel von 10 Wiederholungen pro Übung in einem Satz zu erreichen.
Fazit und ein Wort zur Warnung für die Umsetzung der Prinzipien von Pavel Tsatsouline
Die Prinzipien von Pavel Tsatsouline machen dich stark, nicht zwangsläufig muskulös.
Seine Prinzipien bauen funktionelle Kraft auf – nicht Muskelmasse.
Viele lassen sich von Social Media täuschen, wo aufgepumpte Influencer mit großen Muskeln komplexe Trainingsroutinen anpreisen.
Diese Ansätze, mit stundenlangen Trainingseinheiten und strikten Diäten, sind für normale Menschen mit Beruf oder Familie kaum umsetzbar und oft der Grund, warum die wenigsten langfristig dranbleiben.
Mehr Muskulatur ist der Hauptgrund für die meisten Männer, um mit dem Training zu beginnen.
Dir muss jedoch klar sein, dass du mit den Prinzipien (in Kombination mit sinnvoller Ernährung) maximal die Optik eines austrainierten Kampfsportlers oder alten griechischen Athleten erreichen wirst.
Drahtig und athletisch.
Ich werde regelmäßig als Lauch betitelt.
Das musst du aushalten können (was relativ leicht fällt, wenn du weißt, was in dir und deinem Körper steckt).
Die Prinzipien von Pavel bieten Stärke fürs Leben, keinen Schaufenster-Körper.
Wahre Kraft, ohne Hype.
In meiner Welt ist das eine gute Nachricht.
Denn Funktion schlägt Optik, besonders im echten Leben.
Wenn du das nächste Mal ein hartes Workout planst, frage dich:
Ist es wirklich nötig? Oder kannst du mit weniger mehr erreichen?